Ich hab mein Zimmer bezogen. Weiße Wände zu hellem Boden.
Der Wein ragt ins Fenster hinein. Die hellen Möbel sind im Raum platziert. Es
macht sich schon Chaos breit. Das Regal ist vollgestopft mit Büchern. Der
Schreibtisch ist belegt mit allerhand Papier. Der Stuhl überhangen von
Klamotten. Das Bett zerknautscht. Der Boden voller verblassender
Momentaufnahmen.
Und ich liege in meinem Bett und bin am Rechner, schreibe
einen Bericht.
Wie viele Tage ist es her, dass ich hier eingezogen bin?
Lass mich lügen. Heute haben wir den 10. September. Eingezogen
bin ich am 1. Das war ein Dienstag. Seitdem verbringe ich die Tage mit der
Einrichtung, meinen Mitbewohnern und der Stadt. Schöne Cafés sind bereits
bezogen, ein ordentlicher Club zum Tanzen gefunden, Bars auch. Der Weg hinan
die Fulda, die Markthalle mit ihrem Angebot, das Geschäft für Materialfetischisten.
Die Hügel der Stadt, ein auf und ein ab.
Es gibt Sachen zu erledigen, zu klären, bevor das Studium
anläuft. Es gibt Sachen zu kaufen, die man eben braucht, wenn man nicht mehr
die Möglichkeit hat, alles von seinen Eltern zu schnorren. Das Geld gleitet dir
zwischen den Fingern hindurch, ohne dass du es richtig wahrnimmst. Auch jetzt
sind Kopien zu machen und Einschreiben bei der Post aufzugeben. Auch will ich
Kaffee trinken umgeben von einer wohligen Café-Kulisse.
Abends hocke ich in der Wg mit Jörn, meinem Mitbewohner. Wir
essen und kochen und reden und sind müde. Und dann sagt er: können wir dort
noch hin und morgen zeig ich dir das und auch das brauch ich noch, lass uns
dort hin. Und ich frage mich, ob er kaum Freunde hat, dass er so viel Zeit für
mich hat. Und ob ich ihm nicht auf die Nerven gehe. Ich, die ewig Korrekte, das
kleine Naivchen, die prüde Langeweile.